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Eine Welt ohne Russland

Mir scheint, wir alle versuchen immer noch viel zu sehr, Putin in unserer sehr westlichen Rationalität zu verstehen.

Er sah sich bei Machtantritt als einen der Großen auf der Welt, ging davon aus, dass Russland von Jelzin einfach nur schlecht repräsentiert worden sei. Aber trotz Einladung in den Bundestag und vielversprechender Kontakte mit dem UK und Frankreich behandelte nur Schröder ihn wie einen Ebenbürtigen. Was er ihm niemals vergessen hat.

Die anderen haben gelacht. Über ihn, den Repräsentanten Russlands. „Regionalmacht“ hat ein US-Präsident gesagt. Die EU stellte Bedingung für eine Zusammenarbeit, als wäre Russland irgend ein x-beliebiger Staat. Bei einem Gipfel lud man ihn spontan vom Abendessen aus, ließ ihn bedröppelt in Brüssel warten, bis er dazustoßen durfte. Ihn, den Repräsentanten Russlands. Er wollte seine eigene EU, die Eurasische Union, es damit allen zeigen. Niemand hat das ernst genommen, noch nicht mal die, die er als Mitglieder auserkoren hatte.

Dann wurde er grantiger, hielt harsche Reden in München bei der Sicherheitskonferenz, in Bukarest beim Nato-Gipfel. Die nicht etwa mit Schrecken quittiert wurden, sondern lächelnd, mitleidig, herablassend, mit Kopfschütteln.

Er hat dann härter zugefasst. In Georgien. Syrien. Libyen. Und sich die Krim genommen. Trotzdem mied und ignorierte man ihn, wo immer möglich. Er hat die Brexit-Kampagne mitfinanziert, Le Pen, Salvini, die AfD und die FPÖ unterstützt. Und wurde weiter ignoriert. Er hat sogar Trump mit ins Präsidentenamt verholfen. Und wurde mit verlacht, als Trump verlacht wurde. Er, der Repräsentant Russlands.

Seine Zeit ist endlich. Er ist vorbereitet. Er hat Geld zurückgelegt, die Armee modernisiert, hatte eigens eine Pipeline gebaut, um mit Deutschland Geschäfte machen zu können, wenn er gegen seine Nachbarn Krieg führt. Jetzt geht es ihm darum, dafür zu sorgen, dass Russland wieder ernst genommen wird. Dass niemand es herumschubst, auslacht, ignoriert. Und dass alle Ostslawen begreifen, dass sie nichts sind, wenn Russland nichts ist.

Eine russische Freundin sagte vorgestern (ironisch): Beim Scheitern wäre auch ein Weltuntergang nicht schlimm. Welchen Sinn hätte eine Welt ohne Russland?

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Autor

Diplom-Ökonom, Diplom-Politologe, MSc. in European Accounting and Finance Geschäftsführer bei polyspektiv, Vorstandsmitglied bei der EBD Wohnhaft in Berlin und in der Pfalz