Allgemein

Ein forderndes Jahr

Alles ist anstrengend! Schwieriges Ringen um Mehrheiten – muss das denn sein? Wenn die Medien Unerfreuliches berichten – ist es nicht viel besser, sich nur noch mit Nachrichten zu beschäftigen, die gefallen? Wäre es nicht leichter, wenn wir so täten, als ob es keine Klimaprobleme gäbe (wie man es bei Corona auch schon versucht hat)? Und wenn andere Respekt einfordern – kann man sie dann nicht einfach auslachen? Kann man Unterdrückung nicht hinnehmen, bis es vorbei ist, weil dann hoffentlich wieder Ruhe ist?

Bundesweit scheinen rund 20 % dieses Vorgehen für „vernünftig“ zu halten. In den Bundesländern im Osten traut man der Demokratie noch weniger zu, hält man Widersprüchliches für noch anstrengender.

Die Parallelen hatten wir vor 100 Jahren schon einmal. Unterschiedliche Interessen galten als zu kompliziert. Demokratie galt als zu anstrengend. Schließlich hat man beschlossen, Schwierigkeiten lieber zu ignorieren. Es gab nur einen Plan für die Absicherung der Macht – aber keinen Plan für tragfähige Lösungen. Bis jede Moral zersetzt war. Bis in den totalen Untergang.

AfDler sagen auf Nachfrage: So sei das ja nicht gemeint, man müsse nur mal für Einfachheit sorgen.

Leute wie Jongen, Kubitschek, Krah und Höcke wollen aber nichts Halbgares. Sie wollen eine Gesellschaft, in der sich die Starken durchsetzen, in der niemandem Individualität zusteht. Eine Gesellschaft, die nicht auf gegenseitigem Respekt, sondern auf Unterdrückung beruht. Heldentum und notfalls ein Untergang sind ihnen lieber als Kompromisse und Balance.

Realitätslust und das Verdrängen von Schwierigkeiten scheinen ungeheuer verlockend, lösen aber keine Probleme und sorgen für keine guten Zukunftsperspektiven. Wir werden unsere Interessen nur durchsetzen und Stabilität erreichen können, wenn wir uns mit anderen zusammentun. Wir werden wirtschaftlich nur stark bleiben, wenn wir uns rechtzeitig technologisch weiter entwickeln. Wenn wir das nicht schaffen, wird es sozial noch viel härter. Und wir werden in einer digitalisierten Welt nur weiter in Freiheit leben können, wenn wir den Rechtsstaat verteidigen.

Die Historikerin Hedwig Richter hat geschrieben: „Demokratie ist eine spannungsgeladene Affäre, eine brenzlige Angelegenheit, wankend, nichts ist garantiert, ihr Modus ist die Krise.“ Sie sagt aber auch: Die Demokratie sei früher schon viel fragiler gewesen als heute. Frohes neues Jahr!

Gerne können Sie diesen Beitrag teilen