Allgemein

Die Lösung ist mehr innerparteiliche Demokratie

Nach intensiven Diskussionen über die letzte Woche nochmal klar und systematisch meine Position:

  1. In einer Partei, in der Regionalproporz schlichtweg alles sticht, in der die Berücksichtigung der Vereinigungen immer mitbedacht wird und in der bestimmten Gruppen (wie etwa den Bauernverbänden trotz massiv gesunkener Relevanz) feste Ansprüche zugestanden werden, finde ich die Aufregung, der Qualitäts- oder Leistungswettbewerb drohe durch Quoten für Frauen ausgehebelt zu werden, befremdlich und realitätsfern.
  2. Dass eine Quote nicht hinnehmbar ist, wenn dauerhaft das Viertel weiblicher Mitglieder so viele Posten und Mandate beanspruchen kann wie drei Viertel männlicher, Frauen unter den Mitgliedern also allein aufgrund ihres Geschlechts eine dreifache Erfolgswahrscheinlichkeit erhalten, ist offensichtlich.
  3. Ich habe den Eindruck, dass Ort-, Kreis-, Bezirks-, Landes- und Bundesvorstände tatsächlich die Notwendigkeit, Frauen stärker zu beteiligen, anerkennen und überwiegend mit großem persönlichen Einsatz versuchen, mehr Frauen zu gewinnen und zu beteiligen.
  4. Ich bin aber auch der Auffassung, dass sich hinter dieser positiven Beobachtung das eigentliche Problem der CDU verbirgt. Wohl auch bedingt durch die Geschichte (also um zermürbende Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten zu vermeiden) kommt den Vorständen in der CDU eine ausgesprochen große Verantwortung bei der Benennung von Kandidaten und Aufstellung von Listen zu. Sie sehen sich in der Pflicht, nach intensiven Gesprächen kluge, ausgewogene Vorschläge zu machen, die bei Parteitagen dann mit breitesten Mehrheiten „durchgewunken“ werden. Damit wird die Klage über zu wenige Frauen von diesem Personenkreis unmittelbar als Kritik empfunden, sie machten ihre Arbeit nicht ordentlich. Folgerichtig verweisen sie auf die Unmöglichkeit, geeignete Frauen „herbeizuzaubern“.
  5. An dieser Stelle lohnt ein kritischer zweiter Blick. Die bestehenden Verhältnisse bedeuten die Dominanz von Netzwerken, die vor Jahrzehnten geknüpft darüber entscheiden, was Parteiinteresse ist, die untereinander gegenseitig über lange Zeit Engagement beobachtet haben und in deren Kreisen sich kaum Frauen befinden.
  6. Das bedeutet für neu Hinzugekommene, hier besonders Frauen, dass sie sich einem geschlossenen Block maßgeblich Entscheidungsbefugter gegenübersehen, der Kritik an der eigenen Macht mit Blick auf eine lange Tradition und in der Überzeugung zurückweist, im Interesse der Partei zu handeln. Auch wenn dieser Block gezielt einzelne Frauen berücksichtigt, ändert dies (lässt man das so weiterlaufen) an den grundsätzlichen Machtverhältnissen nichts, bis in 20-30 Jahren ganz selbstverständlich Frauen in gleicher Zahl mit derselben Selbstverständlichkeit in diese inneren Zirkel vorgedrungen sind.
  7. Deshalb halte ich es für sinnvoll, über Quoten bei Parteiämtern diese Veränderung in der inneren Logik zügig zu erzwingen. Der Widerstand dagegen ist absolut logisch, schließlich werden über Jahrzehnte ersessene individuelle Machtpositionen dabei schlagartig entwertet, was als unfair empfunden wird. Meine Hoffnung wäre aber, dass die Partei insgesamt über eine Zerschlagung bestehender Machtkartelle mehr Freude an der Demokratie findet, die mehr würde als die formale Legitimierung dessen, was vorher längst entscheiden war. Gerade mit den Mitteln des Internets sind ganz andere innerparteiliche Wahlkämpfe möglich. Quotierungen zB. für Kandidatenlisten können das unterstützen – ich halte es aber für weniger wichtig als innerparteiliche Veränderungen. Auf Parteitagen könnten Vereinigungen und regionale Gruppen mit ihren besten Kandidatinnen und Kandidaten in einen fairen Wettbewerb treten. Absprachen und Bündnisse inklusive, aber eben öffentlich und ergebnisoffen. Eine solche CDU lädt dann auch dazu ein, sich einzubringen, mitzumachen. Sie wäre weitaus attraktiver als eine Partei, in der weiterhin wenige entscheiden, „wer gebraucht wird“.
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Autor

Diplom-Ökonom, Diplom-Politologe, MSc. in European Accounting and Finance Geschäftsführer bei polyspektiv, Vorstandsmitglied bei der EBD Wohnhaft in Berlin und in der Pfalz