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Großbritannien sucht zentrale Machtposition in selbstdefinierter Randlage

Einmal blitzte er doch noch auf beim britischen Europaminister: Der Anspruch, für viele in Europa zu sprechen. „Stellen Sie sich das doch mal vor: Eine Europäische Kommission, die ‚demokratisch legitimiert‘ von einer in Südeuropa errungenen Mehrheit im Europäischen Parlament uns allen eine interventionistische Wirtschaftspolitik und leichtfertige Ausgabeprogramme aufzwingt. Können Sie das wollen? Oder sollte die Kommission nicht doch besser unabhängig und den Verträgen verpflichtet sein?“ Gerade beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag DIHK, dem Gastgeber der Veranstaltung „EBD exklusiv“ fiel Derartiges durchaus auf fruchtbaren Boden.

Ansonsten überrascht bei David Roy Lidingtons Vortrag aber vor allem, wie deutlich er sein Land am Rand des Integrationsprozesses positionierte. Natürlich respektiere London den Wunsch anderer, eine gemeinsame Währung zu haben. Es sei auch geradezu im ureigenen Interesse Londons, dass die Währungsunion stabil bleibe und ökonomisch wieder Tritt fasse. Entsprechend müsse es selbstverständlich zwischen den teilnehmenden Staaten eine intensive wirtschaftspolitische Zusammenarbeit und auch fiskalpolitische Absprachen geben. Letztlich könne er sogar damit leben, wenn einige „Vereinigte Staaten von Europa“ wollten.

Gleichzeitig jedoch pochte er inständig darauf, dass Großbritannien keinesfalls bei Entscheidungen an den Rand gedrückt werden dürfe. Dass beispielsweise die Euro-Staaten Absprachen träfen und qua qualifizierter Mehrheit die Briten dann einfach überstimmten, sei nicht hinnehmbar.

Beide Argumentationen sind schlüssig und nachvollziehbar. Aber wie passen sie zusammen? Machen sie es zusammengenommen nicht eigentlich unabwendbar, deutlich einen inneren und einen äußeren Kreis zu organisieren? Und ist dies überhaupt möglich, wenn sich ‚wirtschaftspolitische Koordinierung‘ in der Währungsunion und die wirtschaftspolitische Ausgestaltung des Binnenmarktes kaum abstrakt trennen lassen? Wie soll das funktionieren, wenn Großbritannien immer am Rand bleibt, die Entscheidungen der anderen ‚im Allgemeinen‘ wohlwollend begleitet, dann aber nach Gutdünken dazwischenfährt und Vetorechte beansprucht?

Zum Nachlesen: Lidingtons Rede im Original.

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Autor

Diplom-Ökonom, Diplom-Politologe, MSc. in European Accounting and Finance Geschäftsführer bei polyspektiv, Vorstandsmitglied bei der EBD Wohnhaft in Berlin und in der Pfalz

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