Am 26. Januar habe ich in Berlin bei Frühlingstemperaturen ein Flugzeug bestiegen, eine gute Stunde später stand ich in Budapest im Schnee. Dazwischen hatte ich eine spannende Diskussion im Flugzeug, bei der ich einmal mehr lernen musste, wie unterschiedlich man politische Zusammenhänge beschreiben und beurteilen kann. Kritik am neuen ungarischen Mediengesetzen – sowas habe es gegeben? Wirklich? Bedenken außerhalb Ungarns ob der Machtfülle Orbans und seiner Fidesz – na endlich könne mal jemand durchgreifen und das Land ohne ständige Störmanöver aufs richtige Gleis setzen.
Ungarn empfinde ich seit langem als tragischen Fall. In den 80ern erschien es den sozialistischen Bruderstaaten weit voraus, sein Gulaschkommunismus schien in Sachen Transformation wesentliche Schritte schon vorweggenommen zu haben. Als erste trauten es sich die ungarischen Machthaber, aus dem Pulk osteuropäischer Machthaber auszuscheren, gewährten Ostdeutschen die Ausreise, öffneten die Grenze nach Österreich.
Zwanzig Jahre später scheinen nicht nur die Slowakei, sondern so langsam auch Rumänien an Ungarn wirtschaftlich vorbeigezogen. Staaten, auf die Ungarn traditionell eher herabzublicken gewöhnt waren. Fiskalpolitisch und ökonomisch wirtschaftet man am Rande des Abgrunds dahin. Ein Phänomen!
Mir scheint, Ungarn hat eine Tendenz im Kreis zu laufen. Trianon und das damit verbundene Herabsinken Ungarns zum Kleinstaat, das Bündnis mit Hitler-Deutschland wie auch der niedergeschlagene Aufstand 1956 sind Ereignisse, die bis heute in hohem Maße polarisieren. Die politischen Lager pflegen eher Feindschaften denn politischen Wettbewerb, mit der Folge, dass bisher noch bei jedem Wahlsieg zunächst einmal die Arbeit der Vorgängerregierung zunächst zunichte gemacht wurde, bevor man an eigene Projekte ging. Ein Verfahren, mit dem ein Vorwärtskommen des Landes über zwei Jahrzehnte gleichsam systematisch unterbunden werden konnte.
Ich habe in Budapest Vorbereitungen für das OpenForum 11 getroffen und hatte Gelegenheit, Freunde zu sehen. Zurück ging es dann 12 Stunden lang mit dem Zug mit einem Zwischenhalt zum Frühstück in Bratislava.