Dass Scholz, Macron und Draghi sich zu einer gemeinsamen Unterstützung der Vergabe des Kandidatenstatus an die Ukraine (und Moldova) auch deshalb durchgerungen haben, weil ihnen das unproblematischer als Waffenlieferungen erscheint, ist meiner Meinung nach durchaus plausibel. (Über die Rolle von Johannis in dem Ganzen wird noch zu diskutieren sein.)
Dass sie darauf hoffen, im Rahmen von Verhandlungen den Krieg bald beenden zu können, ist ebenso plausibel. Es passt zu einem Scholz, der nicht will, dass die Ukraine gewinnt, einem Macron, der Putin einen Gesichtsverlust ersparen will, einem Draghi, der Pläne für Verhandlungen lancieren lässt. Ich finde die hier zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen insofern befremdlich, als ich keinen mit der russischen Politik vertrauten Experten kenne, der diese Ansicht teilt. Verhandlungen erklären nur Leute für möglich, die das dann mit Hoffnungen begründen – es müsse doch einfach gehen. Putin äußert sich täglich sehr eindeutig und hat offenbar kein Interesse daran, den Konflikt zu beenden, weil er sich sicher ist, uns zermürben zu können.
Die Aufregung in Mittelosteuropa über die Haltung der „EU-3+1“ erscheint mir insofern übertrieben. Was nicht durchführbar ist, kann nicht eintreten, wird sich als Illusion erweisen.
Dass man sich in Berlin, Paris und Rom jedoch anmaßt, im Namen der EU zu sprechen, die besonders engagierten Staaten außen vorlässt und ihre existentiellen Ängste einfach übergeht, finde ich allerdings absolut beunruhigend. Das ist dieselbe arrogante Grundhaltung wie bei NS2 – man hält die Partner für irrational, getrieben von überzogenen Ängsten, meint es besser zu wissen und agiert über ihre Köpfe hinweg.
Das ist dumm und arrogant. Es gefährdet den Zusammenhalt der EU, den wir möglicherweise auf Jahre unter schwierigen Bedingungen werden sichern müssen.