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Die Europapolitik der AfD: Chauvinistisch und ahnungslos

Die EU-Gesetzgebung sei zurückzudrängen. Der Bundestag müsse wieder alles entscheiden dürfen. Dafür sei es erforderlich, die EU abzuwickeln und zu einem Wirtschaftsraum zurückzuschrumpfen – so der AfD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl Tino Chrupalla vorhin bei seiner Vorstellung.

Dass er sagt: „Im Zweifel mit den großen Staaten Europas“ (und damit zur alten Politik der Bismarck-Zeit zurückkehren will, in der ein Großteil der europäischen Völker auch „einfach mal das Maul zu halten“ hatte), lasse ich außen vor – es spricht für sich.

Seine Aussage offenbart zwei bei EU-Gegnern übliche gravierende Denkfehler:

1) Die hier verklärte „alte EWG“ war für weite Teile der Wirtschaft nicht viel mehr, als eine Zollunion (ab 1968). Den Binnenmarkt gibt es erst seit 1993. Er wurde nach der Einheitlichen Europäischen Akte ab 1987 systematisch aufgebaut. Er ist also etwa so alt, wie die EU. Auf einen früheren Integrationsgrad zurückzugehen, hieße die wesentlichen ökonomischen Vorteile der Integration zu zerschlagen – die die AfD doch (nach Aussage Chrupallas) gerne behalten will.

2) Die Vorstellung, der Binnenmarkt sei in Ordnung, gemeinsame Gesetzgebung jedoch sei von Übel, verkennt was ein Binnenmarkt ist: Ein Raum gemeinsamen Rechts, innerhalb dessen man deswegen auf unterschiedliche Regelungen, Kontrollen und Zertifizierungen verzichten kann. Tatsächlich findet europäische Gesetzgebung bei weitem überwiegend im Binnenmarktbereich statt. Sie abschaffen und den Binnenmarkt behalten zu wollen, ist Blödsinn.

Wie üblich, lässt die AfD sich leiten von nationalistischen Anwandlungen und imperialem Denken. Ahnung von wirtschaftlichen Zusammenhängen und deutschen Interessen haben diejenigen, die dieses Programm verantworten, keine. Und Menschen mit politischem und ökonomischem Sachverstand spielen in der AfD offenbar keine Rolle mehr.

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Autor

Diplom-Ökonom, Diplom-Politologe, MSc. in European Accounting and Finance Geschäftsführer bei polyspektiv, Vorstandsmitglied bei der EBD Wohnhaft in Berlin und in der Pfalz