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Der Winnetou-Skandal

Ein Verlag zieht – nachdem er kritisiert wurde – zwei neue Kinderbücher zurück mit „Winnetou“ im Titel.

Der Bildzeitung fällt auf, dass es keine Winnetoufilme mehr bei der ARD gezeigt wurden.

Und schon geht ein Jaulen und Zetern durch die sozialen Netze. Als wolle irgend jemand Karl May „verbieten“. Auch die bösen, „woken“ öffentlich-rechtlichen Anstalten.

(Allein an der Stelle könnte ich jedes Mal wieder losprusten, man schaue sich den Altersschnitt der Zuschauer an).

Eine ganze Reihe von Fragen bei der so hergestellten Verbindung zwischen Verlagsentscheidung und vermeintlichem „Programmausschluss“ sind dabei noch nicht einmal gestellt, viel weniger beantwortet worden:

a) ging es bei der Entscheidung des Ravensburger Verlags auch nur entfernt um die Werke Karl Mays – oder ausschließlich um aktuell Verfasstes?

b) Warum sollte die Tatsache, dass seit über eineinhalb Jahren kein Winnetou-Film mehr im Ersten lief, irgend etwas mit dieser aktuellen Entscheidung und ihren Gründen zu tun haben? (Ohnehin ist es interessant, dass das zwischenzeitlich keinem aufgefallen ist)

c) Wenn die ARD keine Sendelizenzen mehr hat – bedeutet das auch, dass sei keine mehr haben will? Oder arbeitet sie daran? Mit welcher Perspektive?

Das wären jetzt alles Fragen, die seriöser Journalismus oder eine ernstzunehmende Diskussion erst mal klären müssten, bevor aus der Entscheidung eines Verlags über die Herausnahme zweier Kinderbücher aus seinem Programm ein „Skandal der Öffentlich-Rechtlichen“ gemacht werden könnte.

Manchmal macht mir der Stumpfsinn unserer Debatten wirklich Angst.

P.S. Meiner Meinung nach ergibt es überhaupt keinen Sinn, Karl May kulturell verbannen zu wollen: Einen eher kenntnislosen sächsischen Hochstapler, der sich aus Geltungsdrang eine Welt fernab der Realität erdacht hat – und der mit Kolonialismus nicht das Geringste am Hut hatte, ja noch nicht einmal mit Antikolonialismus. Der aber Unterhaltsames produziert hat, das Generationen begeistert.

P.P.S.: Vielleicht könnte man in Mays Darstellung des Edelmuts der „Rothäute“ auch gegenüber besoffenen und schießwütigen Weißen sogar einen anti-kolonialen Ansatz erkennen. Aber dazu haben sicher schon diverse Literaturwissenschaftler promoviert, die der Deutschlandfunk mal interviewen könnte. Oder gern auch die BILD.

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Autor

Diplom-Ökonom, Diplom-Politologe, MSc. in European Accounting and Finance Geschäftsführer bei polyspektiv, Vorstandsmitglied bei der EBD Wohnhaft in Berlin und in der Pfalz