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Mut zur Wahrheit. Gedanken zum Tag der Pressefreiheit

Gute Journalistinnen und Journalisten sind die, die unbestechlich sind und die ihr Urteil auf Fakten bauen. Die Informationen suchen, prüfen und hinterfragen und deren Lob und Kritik daher wertvoll sind. Die in einer Welt, in der es viele legitime Perspektiven und Interessen gibt, für Orientierung sorgen. Diese Aufgabe erfordert Freiheit von interessengeleiteter Einflussnahme, aber auch Unabhängigkeit im Sinne eines verantwortlichen Umgangs mit der eigenen Reichweite. Journalistinnen und Journalisten können keine Freunde der Mächtigen sein. Wer sich beim Zusammentragen, Bewerten und Gewichten von Fakten durch Sympathien leiten lässt, entwertet das eigene Urteil.

Aktuell versuchen viele, diese Argumentation umzudrehen. Trump sagt regelmäßig, Feinde des Präsidenten seien keine guten Journalistinnen und Journalisten – und verweigert mit dieser Begründung Antworten oder den Zutritt zu Pressekonferenzen. Der ungarische Botschafter in Deutschland meinte vor wenigen Tagen, in einem Schreiben an gleich sechs Intendantinnen und Intendanten öffentlich-rechtlicher deutscher Anstalten einen renommierten Rundfunkjournalisten wegen kritischer Berichterstattung unter Druck setzen zu können. Daran ist zweierlei inakzeptabel: Wer Lob zum Indikator für Objektivität erhebt und gleichzeitig Kritik als Beweis von Voreingenommenheit diskreditieren möchte, bewegt sich abseits jeder Logik. Und wer in einer Debatte eigene Machtmittel vorzeigt, hat die sachliche Diskussion im selben Moment verlassen.

Mitunter braucht es aber auch keinen Eingriff der Politik, um die freie, verantwortliche Suche nach der Wahrheit zu beenden. Gerade aktuell in der Diskussion um die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie kann man beobachten, wie eine ganze Reihe auch bekannter Kommentatorinnen und Kommentatoren der Verlockung nicht widersteht, Fakten beiseite zu wischen und stattdessen Stimmungen zu befeuern. Sie setzen die eigene Eitelkeit oder das ökonomisch begründete Streben nach Wahrnehmung über journalistische Standards – und tun in ihrem Metier nichts anderes als Politikerinnern und Politiker, die es im Interesse der Macht mit der Wahrheit nicht so genau nehmen oder gleich ganz verhindern, dass Unliebsames ausgesprochen wird. Wer seine Freiheiten nicht verantwortlich nutzt, lässt zu, dass sie erodieren.

Eine wehrhafte Demokratie kann und muss sowohl die Beschneidung als auch die Selbstzerstörung der Pressefreiheit verhindern. Wenn alle an wahrhaftiger, fairer Berichterstattung interessiert sind, weil man sich einig ist, dass Probleme nicht unter den Teppich gekehrt, Minderheiten respektiert, Mehrheiten hinterfragt, Macht kontrolliert und kritische Einwände gründlich bedacht werden müssen, bleibt schlechter Journalismus erfolglos und keine Regierung wird es wagen, die freie Presse anzugreifen. Die Politik braucht dann professionellen Journalismus sogar, weil sie nur erfolgreich sein kann, wenn sie die Lage kennt und versteht und die Wirkung ihrer Handlungen möglichst unverfälscht mitbekommt.

Insofern kommt es auf die demokratische Haltung und auf das Verantwortungsbewusstsein in allen Teilen einer Gesellschaft an. Der Zustand der Presse ist ein Indikator für das Interesse von Bürgerinnen und Bürgern, Medien und Politikerinnen und Politikern an der Wahrheit. Er hält uns den Spiegel vor. Gerade in Zeiten von Trump, Orban oder auch Johnson gilt es, dem schlampigen Umgang mit Fakten keinen Raum lassen, sondern zäh und leidenschaftlich dagegen zu halten.

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