In seinem Beitrag „Europa hat eine Zukunft nur ohne Brüssel“ verlangt Alexander Gauland von der AfD eine radikale Abkehr von der seit dem 2. Weltkrieg von allen Bundesregierungen verfolgten Europapolitik. Hier meine knappe Reaktion auf der Debattenplattfom The European und bei Facebook:
1. Ein gemeinsamer Markt braucht gemeinsames Recht. Die freie Entfaltung und damit der Erfolg auch kleiner Einheiten im Wettbewerb setzt geeignete Rahmenbedingungen voraus. Diese müssen entwickelt, geschaffen, durchgesetzt und gepflegt werden.
2. Die Schaffung und Bewahrung eines gemeinsamen rechtlichen Rahmens setzt geeignete Institutionen voraus. Europa wurde befriedet, indem die Stärke des Rechts an die Stelle der Macht des Stärkeren getreten ist. Die Annahme, man könne die Institutionen abbauen, den ständigen Interessenabgleich beenden und das gemeinsame Recht zerschlagen, ohne dass es wieder zu Machtkämpfen kommt, ist unhistorisch und naiv.
3. Der „Brexit“ wird (soweit am Ende überhaupt vollzogen) eine Selbstentmachtung Großbritanniens sein. Schon vor Beginn der Verhandlungen zeichnet sich deutlich ab, dass die verbleibenden EU-Staaten und ihre gemeinsamen Institutionen den Briten den Preis ihrer neuerlichen Sonderwünsche diktieren. Der britische Verzicht auf Mitsprache wird Abhängigkeiten nicht auflösen.
4. Russland braucht zur Überwindung seiner Krise eine Modernisierung, einen Aufbruch, den Mut, dem Potential des Landes in seiner ganzen Vielfalt Raum zu geben. Es braucht das integrierte Europa, seine Erfahrungen, seine Kooperation für den eigenen Erfolg. Der Weg zum europäischen Ausgleich und zu pan-europäischen Strukturen führt nicht über den Nationalismus, sondern über die Abkehr davon.
5. Bismarcks Konzept des Mächtegleichgewichts ist gescheitert, vielleicht an menschlicher Unzulänglichkeit, aber darauf kommt es nicht an. Ein System, das darauf setzt, die eigene Position zu stärken, indem man die Nachbarn niederhält, kann den Kontinent ohnehin nicht voranbringen. Großmachtpolitik als Leitidee würde außerdem die große Mehrheit europäischer Völker (und im globalen Maßstab alle) zur Verfügungsmasse, zu Objekten der Interessen anderer degradieren. Sie wäre friedlich nicht durchsetzbar. Es gibt keinen Grund, sie zu versuchen.