Interview mit dem Online-Magazin „Europe&Me„.
Frank Burgdörfer ist der Vorsitzende von Citizens of Europe, einem politisch unabhängigen und gemeinnützigen Netzwerk von Europäern, die gemeinsam grenzüberschreitende Projekte realisieren. Das Ziel der Organisation ist es, zu einer aktiven europäischen Zivilgesellschaft beizutragen und gemeinsame europäische Herausforderungen ins allgemeine Bewusstsein zu bringen. Innerhalb des diesjährigen Veranstaltungszyklus’ zum Thema Freiwilligentätigkeit und Engagement fand vom 18. – 20. Februar eine Konferenz in Budapest statt.
E&M: Frank, wo bist Du und was kannst Du sehen?
FB: Ich bin in einem Konferenzzentrum des Europarates auf einem Hügel in Buda und schaue über die Donau hinüber zum ungarischen Parlament in Pest.
E&M: Bist Du mit dem Verlauf der Veranstaltung zufrieden?
FB: Nunja, ich weiß schon einiges, was wir beim nächsten Mal besser machen können.
E&M: Oh – ich dachte alles läuft gut. Du siehst Mängel? Jetzt schon? Warum?
FB: Die Herausforderung ist, dass wir eine eher große Gruppe von mehr als 30 Leuten hier haben. Dies macht es schwer, die Verantwortung für Verlauf und Inhalte den Teilnehmern so zu überlassen, wie man das bei kleineren Gruppen tun könnte. Hinzu kommt, dass wir sehr unterschiedliche Leute dabei haben. Hier treffen unterschiedliche Generationen, unterschiedliche Denkweisen und unterschiedliche Erwartungen aufeinander. Das bedeutet einerseits viel Gelegenheit, voneinander zu lernen. Die Gruppengröße schafft aber Schwierigkeiten, mit denen wir besser hätten umgehen können.
E&M: Wie habt ihr die Teilnehmer ausgewählt?
FB: Wir haben einen Aufruf im Internet gestartet und jeder der interessiert war musste in einem kurzen Text das eigene Interesse begründen. Wir wollten ausdrücklich eine heterogene Gruppe. Mehr als die Hälfte der Anwesenden war im November letzten Jahres bereits im belgischen Brügge dabei. Das war so gewollt, weil wir schrittweise eine wachsende Gruppe aufbauen.
E&M: Warum macht ihr Veranstaltungen zum Thema Engagement?
FB: Diese Frage kann ich auf unterschiedlichen Ebenen beantworten. Zunächst einmal besteht Citizens of Europe aus Menschen, die Europa als ihre Aufgabe begreifen, als etwas was von uns als Bürgern gestaltet und entwickelt werden muss. Wir streben eine aktive Rolle in der Gesellschaft an und investieren dafür Zeit, persönlichen Einsatz und Kreativität. Mit dieser Veranstaltungsreihe wollen wir andere einladen, mitzumachen und mit und zu kooperieren. Wir wollen von anderen lernen und zeigen, wie alle davon profitieren können, wenn man sich aus europäischer Perspektive mit einer Frage wie freiwilligem Engagement auseinandersetzt.
Zum zweiten bietet uns diese Veranstaltungsreihe Gelegenheit, über unsere Aktivitäten und unsere Art zu arbeiten gründlich nachzudenken. Ohne Zweifel ist es wichtig, von Zeit zu Zeit mal in sich zu gehen und sich zu fragen, was man eigentlich macht und warum. Zudem hat unser Verein gerade eine Phase hinter sich, in der unsere Aktivitäten deutlich zugenommen haben. Dabei ist ein fester Kern von Leuten entstanden, die aufeinander eingespielt sind. Diesen harten Kern wollen wir aufbrechen und anderen Leuten zeigen, dass wir offen sind und sie brauchen. Schließlich betont dieses Projekt auch, dass wir eine Gruppe von freiwillig oder ehrenamtlich Engagierten sind, nicht etwa eine Agentur die Öffentlichkeitsarbeit für irgendwen oder irgendetwas betreibt. Wir schärfen also unser Image.
E&M: Und warum habt ihr Budapest als Veranstaltungsort ausgewählt?
FB: Darauf gibt es wieder zwei Antworten. Die offizielle: Wir sind ein Netzwerk von Leuten, die in vielen unterschiedlichen Ländern leben. Auch wenn ein drittel von uns in Deutschland lebt und wir in Berlin ein Büro haben, sollen unsere Aktivitäten ganz bewusst überall in Europa stattfinden. In diesem Fall brauchten wir einen Veranstaltungsort im ehemaligen Osten, um bestmöglich gesellschaftliche Probleme anzusprechen, die eine post-kommunistische Dimension haben. Und nun die inoffizielle: Wir arbeiten mit der Ungarischen Europagesellschaft seit Jahren zusammen und wussten, dass wir uns auf diese voll verlassen konnten. Deshalb war die Idee, nach Budapest zu gehen, auch sehr nahe liegend. In gewisser Weise bedeutet diese Konferenz auch so etwas wie Besuch bei guten alten Freunden.
E&M: Was denkst Du, warum ist es so wichtig dass Europäer sich engagieren?
FB: Weil wir in der Welt leben, die wir verdienen.
E&M: Und was ist Deine persönliche Motivation, warm machst Du das alles ehrenamtlich?
FB: Ich denke, wir sollten Europa nicht den Politikern überlassen. Nicht etwa weil ich glaube, dass sie so schlechte Arbeit machen. Aber ich möchte verdeutlichen, dass Europa auch mir gehört, dass es uns gehört. Eben weil das so ist.
E&M: Ich denke da hast Du Recht Frank und finde Dein Engagement auch gut. Zum Schluss meine abschließende Frage, was bedeutet Europa für Dich ganz persönlich?
FB: Herausforderung, Gelegenheit und Heimat.
E&M: Danke Frank. Bei der Teilnahme am OpenForum und der Berichterstattung darüber hatte ich eine sehr interessante Zeit hier in Budapest und ich freue mich darauf, über den großen Bürgerkonvent in Landau zu berichten.
Die Fotos stammen von Tanja Haberland aus Merseburg, das Interview führte Matt Shearman aus London. Das englischsprachige Original wurde bei Europe&Me veröffentlicht.