Sonntagswetter, gute Stimmung, Schlangen an den Wahllokalen, die alten SED-Kader hier im Viertel abwechselnd mit der gentrifizierenden Cappucino-Bohéme, Studierenden, Zugewanderten aus Vietnam und Alt-Berliner Originalen. Mir kommt die Kampagne des Europarates in den Sinn: „All different – all equal.“
In der Kiefholz-Grundschule sitzen vor den Flaggen von Land, Bund und Europa Wahlhelfer so bunt wie die Wählerschaft, freundlich, korrekt, irgendwie würdig – selbst die vielen neugierigen Kinder fragen mit gedämpfter Stimme. Was für ein Glück in einem freien, stabilen, funktionierenden demokratischen Staat zu leben.
Man würde den vielen Vorkämpferinnen und Vorkämpfern wünschen, dass sie erleben könnten, was sie erreicht haben. Und ab 18 Uhr können wir dann alle zuschauen, wie auf Basis der Entscheidung jedes Einzelnen schrittweise herauskondensiert, wer in diesem Land legitim die Macht in Händen hält – und wer beste Voraussetzungen dafür erhält, zu kontrollieren, dass sie ordentlich und verantwortlich ausgeübt wird.
Wie unwahrscheinlich das Ganze doch ist. Und wie kostbar, wenn man sich umschaut auf der Welt.