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Gut leben von der Politik

Es gebe zwei Sorten Politiker hat Max Weber vor rund 100 Jahren in seiner (nach wie vor lesenswerten) Abhandlung „Politik als Beruf“ geschrieben: Solche, die für die Politik leben und solche, die von der Politik leben. Sarah Wagenknecht macht sich nun endgültig zum Vorzeigebeispiel für letztere Kategorie.

Ganz wie südamerikanische Machos und rechtspopulistische Anwälte geht sie so gar nicht egoman mit einer Bewegung eigenen Namens an den Start: Dem Bündnis Sarah Wagenknecht.

Das Kalkül ist wenig originell aber konsequent durchdacht: Ohne 3 oder 5 % Hürde reichen ihr rund 650.000 Stimmen bei der Europawahl am 9. Juni für einen der 96 deutschen Sitze im Europäischen Parlament. Die kann sie leicht holen, mit irgendwas pro Putin und gegen die EU werden sich auch im Frühling wieder dramatische Aufmärsche mit viel Medienpräsenz organisieren lassen. Die eine oder andere Alice Schwarzer zum Händchenhalten wird sich auch finden.

Damit erringt sie dann den Status eines Martin Sonneborn: Ausgestattet mit einem 5-jäjhrigen Mandat, ohne die mit einer Fraktionszugehörigkeit verbundenen parlamentarischen Verpflichtungen und frei von jedem parlamentarischen Verantwortungsbewusstsein (eines solches beschwert sie aktuell ja auch im Bundestag erkennbar nicht). kann sie sich ganz Talkshowauftritten und lukrativer publizistischer Tätigkeit widmen. Nicht nur sorgenfrei, sondern auch im Rampenlicht.

Dass die One-Woman-Show tatsächlich als Partei funktioniert und tatsächlich politisch mobilisieren kann, ist gerade nach den Erfahrungen mit dem Rohrkrepierer #aufstehen nicht ernsthaft zu erwarten. Sollte dennoch eine Verkettung glücklicher Umstände dazu führen, dass sie der AfD bei den Landtagswahlen im Herbst einige Prozentpunkte wegnehmen und sie so zur zweitstärksten Partei machen können, wird man ihr vermutlich dafür Kränze flechten. Und wenn nicht, wird ihr Schicksal auch kein schweres sein.

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Autor

Diplom-Ökonom, Diplom-Politologe, MSc. in European Accounting and Finance Geschäftsführer bei polyspektiv, Vorstandsmitglied bei der EBD Wohnhaft in Berlin und in der Pfalz